DIE SOZIALRAUMANALYSE - RIEDBAHN
- dasriedhaus
- 8. Juli 2024
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Juli 2024

Mit der Einführung des Projektes „Gemeinwesenarbeit“ im Stadtteil Riedbahn wurde der
Auftrag gegeben eine Sozialraumanalyse durchzuführen.
Das Team der GWA (Gemeinwesenarbeit) entscheidet sich für mehrere Methoden, die einen breiten Blick über die Riedbahn, deren Bewohner:innen und deren Bedürfnisse verschaffen sollen.
Die Voranalyse der demographischen Daten zielt darauf ab, einen ersten Einblick in die Gruppen der in der Riedbahn lebenden Personen zu bekommen. Nachdem unterschiedliche Personen-Gruppen festgelegt wurden, dient der zweiten Schritt dazu, einen tieferen Blick in den Alltag der Riedbahner:innen zu werfen. Dies erfolgt durch die Durchführung von eins zu eins Interviews mit unterschiedlichen Bewohner:innen der Riedbahn mit unterschiedlichen demographischen Eigenschaften. Basierend auf den Ergebnissen der Interviews entwickelt das GWA-Team einen Fragebogen, zu dem alle Bewohner:innen der Riedbahn Zugang haben sollen.
Gleichzeitig wendet das GWA-Team mit der Unterstützung von anderen Akteur:innen in der Riedbahn andere Methoden an, um an die Bedürfnisse und Themen konkreter Gruppen zu gelangen. Partizipationsprojekte, Stadtteilbegehungen, Infoveranstaltungen und die Stecknadelmethode sind Werkzeuge, die zur Erstellung der folgenden Sozialraumanalyse angewandt worden sind.
INTERVIEWS
Die Durchführung der Interviews findet trotz Corona in physischer Kopräsenz statt. Insgesamt lädt das GWA-Team um die 30 Personen zur Teilnahme bei den Interviews ein. Diese Personen sind gezielt ausgesucht worden. Als ersten Schritt sollen Persönlichkeiten der Riedbahn befragt werden, die sich aktuell im Stadtteil engagieren oder sich in der Vergangenheit engagiert haben. Es wurden ebenfalls Hauptamtliche Personen interviewt, die in der Riedbahn tätig sind und einen anderen Blick und Bezug zu der Riedbahn deren Bewohner:innen, Themen und Strukturen haben.
Insgesamt wurden neun Personen Interviewt. Sechs davon sind Nachbar:innen der Riedbahn und die anderen drei sind bei der Stadt Weiterstadt mit unterschiedlichen Funktionen angestellt. Alle sind aber in der Riedbahn tätig und haben einen direkten Bezug zu dem Stadtteil.
Bei den Interviewten handelt es sich um vier Frauen und fünf Männer. Die jüngste Person gibt an, 22 Jahre alt zu sein und die älteste über 80 Jahre.
Anwesend war die interviewte Person und das GWA-Team. Ein Teammitglied hat das Interview geführt und die andere Person war für Notizen und Verständnisfragen zuständig. Alle Interviews wurden digital aufgenommen und im Nachhinein vom GWA-Team transkribiert. Die Codierung fand nach Mayrings Methode sowohl induktiv als auch deduktiv statt. Das bedeutet, dass es vorgegebene Kategorien gab, die zum Großteil vom Leitfaden vorgegeben waren und die restlichen Kategorien ergaben sich aus dem Interview und deren Themen und Inhalten selbst.
Aus den Interviews wurden Themenbereiche entwickelt, die bei der Nachbarschaftsbefragung als Grundlage dienten.
NACHBARSCHAFTSBEFRAGUNG
Um die 200 Personen haben sich die Befragung online angeschaut. Davon haben 55 Personen diese online und 32 in Papierform beantwortet. Insgesamt haben 87 Nachbar:innen bei der Nachbarschaftsbefragung mitgemacht.
WER HAT MITGEMACHT?
Die Altersgruppe, die am stärksten vertreten war, gibt an mit 21,18% zwischen 30 und 39 Jahre alt zu sein. Ebenfalls stark vertreten ist die Gruppe, die zwischen 40 und 49 Jahre alt ist (20%). 57,14% der Gesamtgruppe gibt an weiblich, 41,67% männlich und 1,19% divers zu sein. Insgesamt bildet die Stichprobe die Riedbahn nur mit leichter Abweichungen in den erfragten Kategorien Alter und Geschlecht ab. Auf das Item „Wohne in der Riedbahn seit…“ wird wie folgend geantwortet:
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ca. 60% der Befragten weniger 20 Jahren in der Riedbahn wohnen.
Ergebnisse der Befragung
VERSORGUNG
Das Thema Versorgung beschäftigt ebenfalls die Riedbahner:innen und diese wird im Durchschnitt eher schlecht bewertet (M=3,89; SD=1,6). Am schlechtesten wird die Ärztliche Versorgung bewertet. Ca. 47% der Befragten geben an, die ärztliche Situation als sehr schlecht wahrzunehmen. Nur ca. 15% bewerten die Versorgung der Riedbahner:innen im ärztlichen Bereich im positiven Bereich (sehr gut, gut, eher gut). Am besten schneidet der Einzelhandel ab. Trotzdem nehmen ca. 45% der Befragten, die Versorgung im Bereich Einzelhandel als negativ (eher schlecht, schlecht, sehr schlecht) wahr.
SICHERHEIT
Um die 65% der Befragten fühlen sich in der Riedbahn grundsätzlich sicher. Mit einem Durchschnitt von 3,2 wird die allgemeine Sicherheit von den Befragten als eher gut bewertet. Im Bereich Kriminalität geben um die 18% an, die Sicherheit sei eher schlecht und ca. 9% geben sogar an, die Sicherheit wäre sehr schlecht, wenn es um Kriminalität geht. Ähnlich sieht es beim Thema Verkehr aus. Durchschnittlich wird dieser Bereich als eher gut bewertet. Gleichzeitig geben um die 42% an, dass die Verkehrssicherheit in der Riedbahn eher schlecht, schlecht oder sehr schlecht sei.
MOBILITÄT
Im Allgemeinen wird das Thema Mobilität in der Riedbahn eher positiv gesehen. 73,26% der Befragten geben an, die Mobilität in der Riedbahn als eher gut, gut oder sehr gut wahrzunehmen. 26,67% bewerten die Mobilität in der Riedbahn als eher schlecht, schlecht oder sehr schlecht.
Am positivsten wird die Mobilität in der Riedbahn bewertet, wenn man mit dem Auto unterwegs ist. 37,35% der Befragten geben an, mit dem Auto gut unterwegs sein zu können, wenn man in der Riedbahn wohnt. Anders sieht es mit dem öffentlichen Nahverkehr aus; ca. ein Drittel der Befragten bewerten diese im negativen Bereich (eher schlecht, schlecht oder sehr schlecht), es gibt aber auch eine Gruppe, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln eher zufrieden ist.
Im Bereich „Fahrrad“ sind sich die Riedbahner:innen eher uneinig, das lässt sich in der eher hohen Standardabweichung beobachten.
FREIZEIT
Das Thema Freizeit wird im Allgemeinen schlecht von den Bewohner:innen der Riedbahn. Ca. 65% der Befragten bewerten das Freizeitangebot in der Riedbahn im negativen Bereich. Das Freizeitangebot für Senior:innen am schlechtesten bewertet. Ein Drittel (32,9%) der Befragten bewerten das Freizeitangebot für Kinder im positiven Bereich (sehr gut, gut, eher gut), aber im Durchschnitt wird das Angebot für Kinder und Jugendliche schlecht bewertet.
SONSTIGE THEMEN
Das Bildungsangebot in der Riedbahn als schlecht wahrgenommen wird. Mit einem Durchschnitt von 4,18 wird dieser Bereich von ca. 72% der Befragten im negativen Bereich bewertet. Bei der Frage nach den Begegnungsorten in der Riedbahn antworten 34,18% der Befragten mit eher schlecht. Über die Hälfte der Befragten (ca. 53%) geben an, die Begegnungsorte sind eher schlecht, schlecht oder sehr schlecht.
Wenn es um das allgemeine Wohlbefinden der Befragten geht, zeigt sich ein ganz anderes Antwortverhalten. Um 87% der Befragten geben an, ihr allgemeines Wohlbefinden in der Riedbahn sei sehr gut, gut oder eher gut. Die Befragten fühlen sich ebenfalls eher gut informiert bzw. haben das Gefühl einen eher guten Zugang zur Information zu haben. Um die 86% der Befragten bewerten die nachbarschaftlichen Beziehungen in der Riedbahn im positiven Bereich, dabei geben 37% an, diese Beziehungen seien gut.
STADTTEIL BEGEHUNGEN
Beteiligungsprojekt mit dem Spielmobil
Orte für Kinder und Jugendliche aus der Sicht der Erwachsenen
Stadtteilbegehung mit Herrn Möller
Die durch die Interviews und Fragebögen gewonnenen Daten sind durch die Stadtteilbegehungen bestätigt und bekräftigt worden. Es wurden bereits genannten und bekannten Themen angesprochen.
ZUSAMMENFASSENDE ANALYSE
Die oben dargestellten Daten sind das Ergebnis einer langen und intensiven Auseinandersetzung mit den Themen der in der Riedbahn lebenden Personen. Die Gemeinwesenarbeit versucht durch die Anwendung unterschiedlichen Methoden, mehrere Personengruppen zu erreichen bzw. herauszufinden ob es Themen gibt, die unabhängig von Methode, Setting und Personengruppen, sich wiederholen.
Bei der zusammenfassenden Analyse werden die Themen dargestellt, die aus der Sicht des GWA-Teams sowohl Methode als auch Personengruppenübergreifend eine große Bedeutung bei den Ergebnissen dargestellt haben.
Ein sehr relevantes Thema ist die Sozialstruktur . Hierbei stellen viele in der Riedbahn lebenden Personen fest, dass es kaum (räumliche) Strukturen gibt, die das Zusammentreffen der Nachbar:innen fördern/begünstigen. Die fehlenden Vereine, Freizeitangebote und Räumlichkeiten in den Veranstaltungen und Angebote stattfinden können, wird mehrmals erwähnt. Bei den Interviews, Befragung und Stadtteilbegehungen wird die durch den Bauhof belegten Bürgertreff als sehr negativ dargestellt, da dieser der einzige Begegnungsort der Riedbahn ist, was für alle Bürger:innen gedacht ist/war. Die sehr reduzierten Freizeitangebote in der Riedbahn, wird durch die Befragten auch auf anderen Ebenen als problematisch dargestellt. Die Riedbahner:innen müssen immer aus der Riedbahn raus, um an Freizeitangebote teilzunehmen, was in der Regel mit dem PKW gemacht wird, was auch für die Umwelt und die Verkehr-Problematik nicht fördern ist.
Im Allgemeinen wird das Thema Freizeit in der Riedbahn schlecht bewertet. Das Angebot ist zu klein. Am schlechtesten wird das Angebot für Senior:innen bewertet. Aber ebenfalls wird mehrmals erwähnt, dass die Angebote für Kinder und vor allem für Jugendliche nicht ausreichend seien. Im durch Kinder gemachten Video, wird mehrmals darauf hingewiesen, dass es Platz zum Spielen fehlt, vor allem, wegen der aktuellen Situation im Bürgertreff. Wie oben dargestellt, ist die Riedbahn ein sehr junger Stadtteil. In den letzten Jahren sind viele junge Familien mit Kindern in die Riedbahn gezogen und dies intensiviert die Auseinandersetzung mit den Themen, die mit Heranwachsenden zu tun haben. Die Auseinandersetzung mit den Themen der Kinder und Jugendlichen sei nicht ausreichend. Schüler:innenbeförderung ist ein sehr aktuelles Thema, das viele Eltern in der Riedbahn beschäftigt und teilweise frustriert. Da in der Riedbahn keine Grundschule gibt, müssen die Mehrheit die Kinder in die Kernstadt in die CUS (Carl-Ulrich-Schule). Viele Kinder sind auf Öffentlichen Verkehrsmitteln angewiesen, was in den Augen der Eltern unzumutbar sei, da die Busse viel zu voll sind. Es existiert einen sehr großen Wunsch das Konzept zu überdenken und zeitnahe Lösungen zu finden. Erneut bleibt für viele Riedbahner:innen nichts anderes als aufs PKW angewiesen zu sein, und die Grundschulkinder selber in die Schule zu fahren. Die Anzahl an Grundschüler:innen, die in der Riedbahn wohnen, wird in den nächsten Jahren sehr wachsen.
Ein weiteres relevantes Thema ist die Versorgung in der Riedbahn. Vor allem die Ärztliche-Versorgung wird mehrmals angesprochen in unterschiedlichen Kontexten. Vor allem einen Termin bei Kinderärzt:innen und Hausärzt:innen sei als Riedbahner:in kaum möglich zu bekommen. Die Lebensmittelversorgung bereitet der Riedbahner:innen ebenfalls sorgen. Vor allem für ältere Menschen sei das selbstständige Einkaufen nicht mehr möglich, da es in der südlichen Riedbahn gar keine Möglichkeit gibt, Lebensmittel zu kaufen. Der Nächste Supermarkt ist zu weit weg. Hier spielt erneut das Thema „gezwungene Autonutzung“ eine Rolle; man muss als Riedbahner:in immer mit dem Auto einkaufen gehen. Das Thema Versorgung war in unterschiedlichen Settings relevant und wurde sowohl bei den Befragungen, Interviews und Stadtteilbegehungen als sorgenbereitend kategorisiert.
Die oben dargestellte Themen, sind aus der Sicht der GWA, die Themen, den der Riedbahner:innen am meisten sorgen bereiten bzw. bei den sie am größten Handlungsbedarf sehen.
Die Riedbahner:innen können zwar Probleme und Verbesserungspotentiale erkennen, aber sind selten bereit selber aktiv bei der Lösung der Probleme mitzuwirken. Gleichzeitig geben die Riedbahner:innen mehrmals an in der Riedbahn gerne zu leben und sich mit den Nachber:innen gut zu verstehen. Die meisten in der Riedbahn lebenden Personen fühlen sich in ihrem Stadtteil wohl.
DIe Analyse zeigt klar woran es mangelt in der Riedbahn, allerdings fehlt der Wille der Stadtverwaltung dagegen vorzugehen, im gegenteil, jedes Problem oder auch jede Sorge wird klein geredet, bzw. ignoriert.
Die Riedbahner sind, im Gegensatz zu der letzen Bemerkung im Artikel, gewillt aktiv bei Lösungen mit zu arbeiten, z.B. Gründung AK Busverkehr zur Schule, oder auch intensive Gespräche und Ideen bezügl. Einzelhandel [=Lebensmittelversorgung]. Diese Bemühungen wurden aber von der Stadtverwaltung ignoriert.